Von Minden nach Polen

Mein Friedensdienst mit ASF im Jüdischen Zentrum in Oświęcim/Auschwitz

Hallo liebe Freunde, Förderer und Interessierte,

ab dem 03. September 2012 werde ich einen Friedensdienst mit ASF im jüdischen Zentrum Oswiecim/Auschwitz machen.

Auf diesen Seiten möchte ich euch das ganze Jahr über meine Arbeit, Erlebnisse und Erfahrungen informieren.

Auch gibt es mir und euch die Möglichkeit Gedanken zu bestimmten Themen zu äußern und über Nachrichten im Kontakt zu bleiben, hierzu sind natürlich alle herzlich eingeladen!

Viel Spaß mit meinem Blog

Johannes

Auschwitz, Oswiecim, Krakau… Ein Wochenende der Gegensätze.

Zu Besuch bei Johannes in Polen - ein Gastbeitrag meines Cousins Peter

Auschwitz – das Zentrum, der Inbegriff, das Symbol der nationalsozialistischen Gräueltaten. Und ausgerechnet dahin geht Johannes für seinen Freiwilligendienst… Mit sehr gemischten Gefühlen bin ich aufgebrochen, um ihn zusammen mit unserer gemeinsamen Patentante in Oswiecim zu besuchen. Oswiecim ist heute aber eine ganz normale nette kleine Stadt, in der es alles gibt, was das Herz begehrt: gute Kneipen mit polnischem Pivo, überbackene Baguettes mit Pilzen, einen netten Marktplatz, ein Einkaufszentrum etc. Aber nicht weit vom Zentrum eben diese Orte des Grauens…

Die Mischung hat es letztlich ausgemacht. Den Besuch in Auschwitz haben wir mit zwei Tagen in Krakau verbunden, in denen wir es uns richtig gut gehen ließen… Das hatten wir uns nach den aufwühlenden Tagen in Auschwitz aber auch verdient.

Zu Besuch im jüdischen Zentrum…

Zum Einstieg in die Tage waren wir erstmal bei Johannes im Jüdischen Zentrum in Oswiecim. Johannes führte uns durch das kleine, sehr interessante Museum, in dem das jüdische Leben in Auschwitz vor dem Holocaust präsentiert wird. Toll, wie Johannes sich hier eingelebt hat, wie er sich dieses Thema, die Menschen und den Ort erschlossen hat. Ich kann nur jedem empfehlen, sich mal von Johannes durchs jüdische Zentrum in Oswiecim führen zu lassen! Für uns war das eine gute, behutsame Annäherung an den Ort Auschwitz.

Das Stammlager in Auschwitz

Nachmittags sind wir zunächst ins sog. Stammlager gefahren, das erste der insgesamt drei Lager in der Stadt. Die Anlage ist auf ihre Weise beeindruckend. Scharen von Besuchern werden durch die originalen Häuser geführt, in denen die Häftlinge unter elenden Bedingungen leben und sterben mussten. Die Anlage ist heute zum Teil ein Museum, in dem Gegenstände der Zeit ausgestellt werden. Die Bilder von tausenden von Brillengestellen, Zahnbürsten, von 80.000 Paar Schuhen oder einem ganzen Raum voller echter Haare sind mir noch intensiv vor Augen. Man kann darüber diskutieren, ob das reißerisch ist oder übertrieben – ich fand es für mich angemessen, um den ganzen Schrecken wenigstens etwas greifbar zu machen. Übertreiben kann man dabei leider nur schwer. Über mehrere Stunden wird man während der Führung mit Informationen überhäuft, bis man kaum noch aufnahmefähig ist. Besonders berührt haben mich neben den schon erwähnten Gegenständen die Portrait-Aufnahmen hunderter Häftlinge. Ihnen in die Augen zu schauen erschien mir wie eine späte Würdigung ihrer Personen und ihrer oft viel zu kurzen Leben – viele der Menschen sind kaum älter geworden als ich es jetzt bin.

Birkenau

Das Vernichtungslager Birkenau ist ganz anders als das Stammlager. Hier wurde kaum etwas verändert, man kann eigentlich nicht von einem Museum sprechen. Roh und kalt schlägt einem dieser Ort, dieser Unort, entgegen. Bis zum Horizont sieht man die Schornsteine der Baracken. Über die sogenannte „Rampe“ führt der Weg bis zu den Trümmern der Gaskammern. Man geht also den Weg, der für ungezählte Menschen der letzte war.

Es ist paradox. Einerseits ist das Ganze nun mit einem Ort verbunden. Ich war in Auschwitz. Aber greifbar wird die Katastrophe deshalb noch nicht. Das funktioniert eben nicht wie in einem Museum, in dem man sich über die Geschichte der Eisenbahn informieren kann. Trotzdem ist es natürlich gut, dass man auch Informationen bekommt. Aber die Grauen und das Leid der Menschen, die sich mit dem Ort Auschwitz verbinden, sind für mich eigentlich nur noch unfassbarer geworden. Die Fragen, die dahinter stehen, noch drängender und bedrückender. Birkenau ist der trostloseste Ort, an dem ich bisher gewesen bin.

Wir sind am nächsten Tag noch einmal ins jüdische Zentrum in Oswiecim gefahren. Dort gibt es eine Ausstellung über Menschen, die den Holocaust überlebt haben. Durch Zufälle, durch weise Voraussicht oder durch Glück sind sie zum Teil bis heute am Leben geblieben, haben Familien gegründet und eine neue Existenz aufgebaut. Für uns war das ein hoffnungsvoller Abschied aus Oswiecim. Gut, dass es so ein Zentrum gibt, in dem auch das Leben der Menschen, vor und nach der Katastrophe, erinnert wird… Und Johannes mitten drin!

Krakau

Krakau ist jede Reise wert! Eine wunderschöne Stadt, selbst mitten im Winter! Die Kälte trieb uns zwar immer wieder in die freundlichen und gemütlichen Keller und Stuben der Stadt, aber wir haben uns die Stadt insgesamt in den zwei Tagen doch gut erschlossen. Man kann sich nur vorstellen, wie schön die Stadt im Sommer sein muss, wenn man an der Weichsel, in einer der zahlreichen Grünanlagen oder in den einladenden Straßencafés sitzen kann, um der polnischen Lebensart zu frönen. Polen und Deutschland haben seit 1945 viel erlebt. Großartig, dass Kurztrips wie der unsrige heute so einfach möglich sind!

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