Von Minden nach Polen

Mein Friedensdienst mit ASF im Jüdischen Zentrum in Oświęcim/Auschwitz

Hallo liebe Freunde, Förderer und Interessierte,

ab dem 03. September 2012 werde ich einen Friedensdienst mit ASF im jüdischen Zentrum Oswiecim/Auschwitz machen.

Auf diesen Seiten möchte ich euch das ganze Jahr über meine Arbeit, Erlebnisse und Erfahrungen informieren.

Auch gibt es mir und euch die Möglichkeit Gedanken zu bestimmten Themen zu äußern und über Nachrichten im Kontakt zu bleiben, hierzu sind natürlich alle herzlich eingeladen!

Viel Spaß mit meinem Blog

Johannes

Fachtagung: Opfer des Nationalsozialismus in Polen – Wie leben sie heute? & Krank in Lublin

Für die Zeit von Mittwoch, den 27. Februar bis Freitag, den 01. März wurden wir Polenfreiwilligen von ASF zu einer Fachtagung zum Thema "Opfer des Nationalsozialismus in Polen - Wie leben sie heute?" eingeladen. Diese fand in Warschau statt und fast alle deutschen Freiwilligen nahmen diese Gelegenheit wahr, besonders auch, da es eine Möglichkeit war mal wieder mit allen Freiwilligen zusammen zu sein.
Also machte ich mich auf den Weg nach Katowice, um von dort den Polskibus nach Warszawa zu nehmen. Polskibus ist eine Busgesellschaft, die vergleichbar ist mit Eurolines, aber viiiiiel güstiger. Für die fünf Stunden Fahrt von Katowice nach Warszawa habe ich gerade mal 16 PLN bezahlt, was ca. 4 Euro entspricht.

 

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir die meiste Zeit zusammen im Konferenzzentrum "Zielna". Zur Erklärung, worum es auf dieser Fachtagung ging, möchte ich kurz die EInleitungssätze aus der Einladung zitieren:

"Schätzungen zufolge leben in Polen heute noch über 450.000 Menschen, die unter NS-Unrecht gelitten haben. Die meisten von ihnen benötigen Hilfe und Unterstützung für ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben im Alter. Doch gibt es wenig Information darüber, wie viele NS-Opfer in Polen heute tatsächlich noch leben und welche Unterstützung sie im hohen Alter benötigen. Im Auftrag der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (Stiftung EVZ) wurden deshalb sechs regionale Pilotstudien zur aktuellen Lebenssituation von polnischen NS-Opfern erstellt, deren Ergebnisse nun der Öffentlichkeit vorgestellt werden."
In der Konferenz ging es also in erster Linie darum diese Pilotstudien vorzustellen. Hierfür wurde am ersten Tag ein Überblick über die Situation von NS-Opfern in Polen gegeben unter dem Thema "Die Kriegserlebnisse sind unser ganzes Leben in uns eingebrannt..." - die Gegenwart der Vergangenheit im Leben der NS-Opfer und ihrer Helfer

Am Donnerstag ging es dann um die Präsentation der Pilotstudien unter folgenden zwei Themenfeldern "Die unterschiedliche Lebenssituation von NS-Opfern in Polen" und "Versorgungsangebote und Handlungsbedarf zugunsten von NS-Opfern"
Am Freitag gab es abschließend noch einige Präsentationen und Diskussionen zu verschiedenen Projektideen, wie man auf die Ergebnisse der Pilotstudien reagieren kann.

Am Freitag Nachmittag ging es dann mit allen noch in eine von vom Organisator der Tagung EVS mitfinanzierte Ausstellung im königlichen Schloss in Warschau zum Thema "Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg".
Diese Ausstellung befasste sich mit verschiedenen Formen und Stationen der Zwangsarbeit während des Krieges und es gibt viel zu sehen und zu berühren, nur leider war die Zeit dafür relativ knapp.

Allgemein war es eine interessante Tagung, auch wenn ich ein bisschen das Gefühl hatte, dass mal wieder viel geredet wird und leider viel zu wenig passiert. Ich hatte das Gefühl, dass das Hauptergebnis war, dass es einfach an allen Ecken und Enden an Geld fehlt, aber das wusste ich auch schon vorher. ;)
Trotzdem habe ich einen interessanten Einblick in das Leben und die Bedürfnisse von Überlebenden erhalten und auch sehr gute Ansätze gesehen um diesen nochmal verstärkt zu helfen. Ich bin gespannt, welche dieser Ideen wirklich umgesetzt werden, denn viel Zeit bleibt uns nicht mehr um NS-Opfern ein möglichst schönes und würdevolles Leben zu ermöglichen.
Noch viel interessanter und wichtiger als die Vorträge waren jedoch die Pausen und die Abende, in denen man in Kontakt mit anderen Teilnehmern kam und sehr viele nette Leute kennenlernte. Besonders interessant fand ich es, mich mit einem Überlebenden zu unterhalten, der sich dafür engagiert, dass Leuten, die das gleiche wie er erlitten haben ein besseres Leben im Alter ermöglicht wird. Dieser Zeitzeuge war eine unglaublich beeindruckende und starke Persönlichkeit! Und ganz nebenbei, als wir uns unterhielten, zog er plötzlich seine Ärmel hoch und zeigte mir seine Häftlingsnummer aus Auschwitz - das erste mal, dass ich eine wirkliche Häftlingsnummer zu Gesicht bekam!
Außerdem war es sehr interessant mehr über Roma und deren Situation zu erfahren. Viele überlebende Roma haben bis heute Probleme, sich als NS-Opfer anerkennen zu lassen um eine Entschädigungszahlung zu erhalten.

Obwohl mich schon während der Tagung eine Erkältung erwischt hat und ich mich nicht sonderlich gut fühlte, nahm ich trotzdem die Gelegenheit wahr und besuchte zusammen mit Marie (Freiwillige in Krakau) unsere Mitfreiwillige Pia in Lublin.

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir also damit durch Lublin zu laufen, das Schloss + Kirche zu besichtigen und am Sonntag dann noch in eine ehemalige Synagoge zu gehen.

Lublin ist eine kleine, aber feine Stadt und es war sehr schön und hat großen Spaß gemacht Pia dort zu besuchen, auch wenn meine Abende leider meistens schon früh im Bett endeten, weil mich das Laufen doch sehr anstrengte.
Am Sonntag ging es dann für Marie und mich zurück Richtung Kraków.

Durch Zufall hatte ich eine Seite im Internet gefunden, wo man Mitfahrgelegenheiten auch für Polen finden kann. So sind wir also mit Auto für wenig Geld nach Kraków gefahren.

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